16.03.2023
EMAF 36 - Filmprogramme: Aktuelle Auswahl

Die Filmprogramme des EMAF geben auch in diesem Jahr wieder einen breiten Überblick über das internationale experimentelle Filmschaffen – von aktuellen Kurz- und Langfilmen über historische Werke bis hin zu audiovisuellen Performances und Expanded Cinema.
Aktuelle Auswahl
Im Zentrum der Filmprogramme steht der Internationale Wettbewerb. Thematische Schwerpunkte der kurzen und mittellangen Filme sind in diesem Jahr die Auseinandersetzung mit familiären Beziehungen, Intimität und Häuslichkeit, die Traumata von Vertreibung und Entwurzelung und künstlerische Zeitreisen zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Video- und Audiomaterial aus dem Archiv der DDR-Opposition bildet die Grundlage für Anna Zetts Film Es gibt keine Angst (DE 2023). Mittels einer pulsierenden Collage aus Underground-Musik, Lyrik, privaten und journalistischen Aufzeichnungen unternimmt sie eine emotionale und intellektuelle Annäherung an Erfahrungen von Gewalt und politischer Selbstermächtigung. Mangrove School von Filipa César & Sónia Vaz Borges (PT/DE/FR 2022) ist Teil einer langjährigen künstlerisch forschenden Auseinandersetzung mit der Geschichte des dekolonialen Widerstands in Guinea Bissau. In atmophärisch dichten Bildern rekonstruiert der Film das Zusammenleben und -lernen in den Guerillaschulen in den Mangrovenwäldern.
In James Richards’ Video Qualities of Life: Living in the Radiant Cold (DE 2022) verbinden sich stillebenhafte Aufnahmen von eigenen und fremden Lebensräumen, von Körpern und Infrastrukturen mit Fragmenten musikalischer Scores zum soghaften Bild einer Gegenwart im dauerhaften Schwebezustand. Auch Peng Zuqiangs Sight Leak (CN 2022) navigiert an der Grenze zwischen intimen Innen- und anonymen Außenräumen. Lose angelehnt an Roland Barthes‘ Schriften über China und deren homoerotischen Subtext, bewegt sich hier ein Flaneur durch öffentliche Räume und denkt nach über die Blicke und Sehnsüchte, die sich dort begegnen. Oreet Ashery folgt in ihrem experimentellen Roadmovie Selfish Road (UK/DE 2022) den Infrastrukturen der Trennung und Verblendung, Erinnerung und Verbindung durch eine politisch zerklüftete Landschaft.
Auch die vier aktuellen Langfilme im Programm vermitteln vielschichtige Eindrücke von Landschaften im Wandel, umstrittenen Geografien und sich überlagernder Zeiten. Sophio Medoidzes Let Us Flow (GE/UK 2022) beobachtet in einer entlegenen georgischen Bergregion die Veränderungen, die Modernisierungs- und Migrationsprozesse dort verursachen und die Bedeutung überlieferter Rituale, die kollektive Bindungen schaffen, aber auch soziale Ausschlüsse befestigen.
In Schlachthäuser der Moderne (DE 2022) widmet sich Heinz Emigholz dem Werk zweier südamerikanischer Architekten: Francisco Salamone, dessen Arbeiten der 1930er Jahre dem Geist einer faschistisch-futuristischen Moderne verpflichtet sind, und Freddy Mamani Silvestre, dessen Projekte sich dem Diktat der westlichen Moderne radikal widersetzen. Sie bilden den Hintergrund für eine ideologische Verortung des Berliner Stadtschlosses zwischen Experiment und Restauration.
Mit weiteren Arbeiten von: Udval Altangerel, Parastoo Anoushahpour, Ben Balcom, Karolina Bregula, coyote, Ana Edwards, Kevin Jerome Everson, Sirah Foighel Brutmann & Eitan Efrat, Luke Fowler, Wenqian Gao, Dazhi Huang & Huizhen Zhong, Eginhartz Kanter, Fox Maxy, Hardeep Pandhal & Adam Sinclair, Morgan Quaintance, James Richards, Bassem Saad, Tulapop Saenjaroen, Eri Saito, Deborah Stratman, Gautam Valluri und Gernot Wieland.